Training und Technologie für nachhaltige Landwirtschaft
Ausgehend von dem abgeschlossenen, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt "IndORGANIC" (Förderkennzeichen 031B0233) startet der Lehrstuhl für Development Economics in den Jahren 2021/2022 zwei neue Projekte im Bereich der nachhaltigen Landwirtschaft:

Eine experimentelle Untersuchung von Maßnahmen zur Förderung der Adoption ökologischer Anbaumethoden in Indonesien (DFG – Deutsche Forschungsgemeinschaft, Projektnummer 467441310)
Großflächiger Pilottest von kostengünstigen, KI-basierten Bodentests zur Förderung nachhaltiger Anbaumethoden in kleinbäuerlichen Betrieben in Indonesien (DBU – Deutsche Bundesstiftung Umwelt, Aktenzeichen 36088/01)
Forschungsteam in Passau |
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Projektpartner in Indonesien | IPB University:
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Die Projekte im Überblick
Eine experimentelle Untersuchung von Maßnahmen zur Förderung der Adoption ökologischer Anbaumethoden in Indonesien (DFG)
Dieses Projekt nutzt ein experimentelles Design, um die längerfristigen Effekte von Trainingsmaßnahmen zu ökologischen Anbaumethoden in Indonesien zu evaluieren, einem Land, das einerseits mit einer massiven Bodenschädigung durch Überdüngung und intensive Nutzung chemischer Pestizide zu kämpfen hat, andererseits aber auch durch ein wachsendes politisches Interesse an ökologischer Landwirtschaft gekennzeichnet ist. Entsprechend wird dieser durch Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen gefördert.
Das Projekt baut auf einem abgeschlossenen Forschungsprojekt auf, das die kurzfristigen Effekte eines Trainings zu ökologischen Anbaumethoden evaluierte. Es beinhaltete eine randomisierte kontrollierte Studie, im Zuge derer in den Jahren 2018 und 2019 bereits 1.200 Kleinbauern befragt wurden und die Hälfte zu einem Training zu ökologischen Anbaumethoden eingeladen wurde (eine dritte Datenerhebungswelle ist für 2021 geplant). Im Rahmen des hier beantragten Projekts sollen diese 600 Bauern zu einem zweiten Training eingeladen werden, um das bereits erlernte Wissen zu vertiefen und sie zur weiteren Anwendung zu motivieren. Das Training wird durch digitale Bodentests ergänzt. Schließlich soll eine vierte Datenerhebungswelle durchgeführt werden. Damit wird ein einmaliger Datensatz im Bereich des ökologischen Landbaus geschaffen.

Mit diesem Projekt soll folgender wissenschaftlicher Beitrag geleistet werden.
Erstens unterscheiden in diesem Kontext nur sehr wenige Studien zwischen kurz- und längerfristigen Übernahmeeffekten; die meisten evaluieren nur einmalig und kurz nach der Informationsmaßnahme. Kurzfristige Auswirkungen können zwar aufschlussreich sein, jedoch erfordert das Verständnis des tatsächlichen Effekts und dessen Nachhaltigkeit ein besseres Verständnis der längerfristigen Folgen. Zudem ist der Effekt wiederholter Informationsbereitstellung bisher kaum erforscht. In diesem Projekt soll explizit auf das längerfristige Adoptionsverhalten und Wirkungen wiederholter Trainingsmaßnahmen fokussiert werden.
Zweitens ist der kausale Effekt von Maßnahmen, die einen Übergang von konventionellen zu ökologischen Anbaumethoden fördern sollen, bisher kaum erforscht, insbesondere in Schwellen- und Entwicklungsländern. Die meisten Studien kontrollieren nicht für eine mögliche Selbstselektion in solche Maßnahmen und liefern daher keine kausalen Ergebnisse. Das randomisierte Design in diesem Projekt erlaubt hingegen die Identifizierung von kausalen Effekten, sowohl hinsichtlich der Adoption selbst als auch hinsichtlich der resultierenden Wohlfahrtseffekte.
Drittens leistet das Projekt einen Beitrag zur stetig wachsenden Literatur, die das Potenzial kostengünstiger digitaler Technologien untersucht, die Kleinbauern in Entwicklungs- und Schwellenländern individualisierte, landwirtschaftlich relevante Informationen zur Verfügung stellen. Hierfür wird das Training mit Bodentests kombiniert, die durch eine kostengünstige App ermöglicht werden. Individualisierte Bodeninformationen könnten für nachhaltige Anbaumethoden besonders relevant sein, da diese typischerweise wissensintensiver sind.
Siehe auch: DFG, Digitales Forschungsmagazin.
Großflächiger Pilottest von kostengünstigen, KI-basierten Bodentests zur Förderung nachhaltiger Anbaumethoden in kleinbäuerlichen Betrieben in Indonesien (DBU)
Die intensive Nutzung von Dünger und Pestiziden hat zwar weltweit zu einer vorher noch nie gesehenen Reduzierung der Armut beigetragen, ging aber auch mit einer massiven Schädigung der Böden, des Grundwassers und der Gesundheit von Mensch und Tier einher. Weltweit sind etwa ein Drittel aller Böden moderat bis stark beschädigt und nicht mehr resilient gegenüber dem zunehmendem Klimawandel. Die Wissenschaft hat mittlerweile Anbaumethoden entwickelt, die nachhaltig sind und trotzdem hohe Erträge versprechen; letzteres ist wichtig, um die Erfolge der Armutsminderung nicht aufs Spiel zu setzen und um die notwendigen Anreize für die Landwirte und Landwirtinnen zu setzen diese Methoden auch zu adoptieren. Bisher werden weltweit allerdings nur ein Bruchteil der landwirtschaftlichen Flächen nachhaltig und unter Berücksichtigung der langfristigen Bodengesundheit bewirtschaftet. Deshalb bedarf es neben einem gesteigerten Umweltbewusstsein auch des Einsatzes moderner Technologien.
Die Technologien müssen so angepasst sein, dass sie auch in Entwicklungs- und Schwellenländern zum Einsatz kommen können, wo der überwiegende Teil der Landwirtschaft auf kleinen, wenig technisierten Höfen stattfindet, die nur über geringe finanzielle Mittel und eine geringe Ausbildung verfügen. Eine in diesem Sinne vielversprechende Technologie sind einfache und kostengünstige Bodentests, die geeignet sind, auf der einen Seite den Einsatz biologischen Düngers zu optimieren und auf der anderen Seite die Qualität der Böden und des Grundwassers zu verbessern.

Ziel des Projektes ist es im Rahmen einer rigorosen Pilotstudie zu zeigen, dass solche Bodentests mit Hilfe von Trainingsmaßnahmen im ländlichen Raum eingeführt werden können und damit in einer der größten landwirtschaftlich geprägten Volkswirtschaften der Welt einen erheblichen Beitrag zur Verbesserung der Böden, zur Vermeidung von Erosion und zum Schutz des Grundwassers leisten können. Schätzungen zufolge sind aktuell 107 Millionen Hektar Land in Indonesien von Übersäuerung betroffen, verursacht unter anderem durch jahrzehntelange massive Überdüngung mit Dünger auf Ammonium-Basis, zumeist Urea. Dies betrifft insbesondere die Insel Java (140 Mio. Einwohner), den Forschungsstandort dieses Projekts. Die anhaltende intensive und oft unausgeglichene Benutzung von chemischen Düngern hat zudem die organische Bodensubstanz stark reduziert.
Das vorliegende Projekt wird das Potential einfacher, kostengünstiger Bodentests im Rahmen eines großen randomisierten Feldexperiments testen. Am Experiment werden rund 1200 Landwirte und Landwirtinnen aus 60 Dörfern teilnehmen, um belastbare, kausale Ergebnisse zur Effektivität dieser Technologie zu generieren. Die Ausbildung der Landwirte und Landwirtinnen sowie die technisch-logistische Betreuung wird durch die renommierten und in der Projektregion etablierten NGOs Alliansi Organis Indonesia (AOI) und Tani Organik Merapi (TOM) sichergestellt. Unser Ansatz ist einfach replizierbar und könnte auch in anderen Teilen der Welt, insbesondere in anderen Entwicklungs- und Schwellenländern, als Anreiz dienen, den Einsatz umweltschädlichen Düngers zu reduzieren bzw. Überdüngung zu bekämpfen, ohne die Produktivität der Höfe zu reduzieren. Damit sind Umweltschutz und Armutsreduzierung gleichzeitig erreichbar.
Zielgruppe der Projektergebnisse sind lokale politische Entscheidungsträger und Organisationen der internationalen Zusammenarbeit, darunter die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).
Siehe auch: DBU, Digitales Forschungsmagazin.
Publikationen aus Vorgängerprojekt (IndORGANIC)
Wissenschaftliche Aufsätze
- Fritz, M., Grimm, M., Keilbart, P., Laksmana, D.D., Luck, N., Padmanabhan, M., Subandi, N. & Tamtomo, K. (2021). Turning Indonesia Organic: Insights from Transdisciplinary Research on the Challenges of a Societal Transformation. Sustainability, 13, 23. https://doi.org/10.3390/su132313011.
- Grimm, M. & Luck, N. (2020). Can training enhance adoption, knowledge and perception of organic farming practices? Evidence from a randomized experiment in Indonesia. IZA Discussion Paper No. 13400, IZA Bonn.
Policy Briefs
- Fritz, M., Grimm, M. & Luck, N. (2020). Information Sharing Within Social Networks: Lessons from an organic farming training. IndORGANIC Policy Brief, University of Passau.
- Grimm, M., Luck, N. & Steinhübel, F. (2019). Do Indonesian Consumers Value Organic Rice? - Evidence from an Incentive-Compatible Willingness-to-Pay Experiment. IndORGANIC Policy Brief, University of Passau.