In der Forschung ist es als „Founders‘ Dilemma“ bekannt, als Dilemma der Gründerinnen und Gründer: Wenn ein Startup eine bestimmte Größe erreicht hat, dann sollte sich das Gründungsteam besser aus dem Unternehmen zurückziehen und die Leitung einem professionellen Management überlassen, so die vorherrschende Empfehlung. Allerdings hat sich die Forschung bislang auf die Unternehmensspitze konzentriert. In der Studie „Founder-Inventors and Their Investors: Spurring Firm Survival and Growth“ zeigen Prof. Dr. Carolin Häussler (Universität Passau) und ihre Koautorinnen Maria Hennicke (Frankfurt School of Finance and Management) sowie Prof. Dr. Elisabeth Müller (German Graduate School of Management and Law, Heilbronn), dass vor allem die forschungsaktiven Gründenden sehr wohl weiter im Unternehmen wirken sollten, allerdings in einem Bereich, der ihrer Kernkompetenz entspricht: Forschung und Entwicklung.
Die Ergebnisse der Studie im Überblick
Unternehmen mit forschungsaktiven Gründerinnen und Gründern scheitern seltener. Tatsächlich ist das Risiko zu scheitern in diesen Unternehmen um ein Drittel geringer als in Unternehmen, in denen Gründende nicht mehr forschungsaktiv sind. „Das Engagement von Gründerinnen und Gründern hat einen beträchtlichen Einfluss auf die Überlebenschancen der Unternehmen“, schreiben die Autorinnen.
Risikokapital verstärkt diesen Effekt. Wenn Investorinnen und Investoren in Unternehmen mit forschungsaktiven Gründenden einsteigen, dann führt das zu höherem Wachstum. Dieser Effekt zeigt sich den Autorinnen zufolge bei mehreren Auswertungen. „Investorinnen und Investoren wissen um den Wert der Gründerinnen und Gründer für die Unternehmung.“ Häufig erweitern und stärken Investorinnen und Investoren die Unternehmensspitze, so dass sich die Gründerinnen und Gründer wieder auf ihre Kernkompetenz im Bereich Forschung und Entwicklung konzentrieren können.
„Die Erfindungsaktivität der Gründerinnen und Gründer ist spezifisch für das Unternehmen, sorgt für Kontinuität, lenkt die optimale Zuteilung der Mittel und stärkt damit die langfristigen Erfolgsaussichten der Unternehmen“, fassen die Autorinnen und Autoren zusammen. Gründerinnen und Gründer haben häufig ab einer bestimmten Wachstumsphase nicht die erforderliche Management-Erfahrung. Sie sollten aber auch nicht aus der Unternehmung aussteigen, sondern weiterhin das tun, was sie am besten können: Marktlücken erkennen und dafür Lösungen entwickeln.
Die Studie entstand im Rahmen des Projekts „The originality of entrepreneurs along the life cycle of firms: Understanding the attributes of entrepreneurial decision making“ an der Universität Passau, das die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) bereits in der zweiten Phase fördert. Die Forscherinnen arbeiten in diesem Projekt mit Daten von 1498 deutschen Mittelstandsunternehmen, die zwischen 1998 und 2007 gegründet wurden, und beobachten diese über einen Zeitraum von zehn Jahren. Sie konzentrieren sich auf wissensintensive Branchen im Technologie-Sektor und auf Unternehmen, die weder im obersten Wachstumsbereich lagen, noch sofort nach ihrer Gründung scheiterten. Diese Daten gleichen die Ökonominnen ab mit Patentdaten, um zu erkennen, ob und wie Gründerinnen und Gründer an den Erfindungen der Unternehmen beteiligt waren.
Die Studie „Founder-Inventors and Their Investors: Spurring Firm Survival and Growth“ erscheint im September im renommierten „Strategic Entrepreneurship Journal“. Herausgeberin ist die Strategic Management Society. Es handelt sich dabei um die führende Fachgesellschaft zur Förderung des strategischen Managements. Sie vertritt 3.000 Mitglieder aus mehr als 80 Ländern mit verschiedenen Hintergründen, darunter Forschende und Praktizierende.
Über die Autorinnen
Prof. Dr. Carolin Häussler ist Inhaberin des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Organisation, Technologiemanagement und Entrepreneurship und leitet das DFG-Projekt an der Universität Passau. Sie ist Mitglied der Expertenkommission Forschung und Innovation der Bundesregierung. Darüber hinaus ist sie DFG-Vertrauensdozentin an der Universität Passau.
Prof. Dr. Elisabeth Müller ist Professorin für Entrepreneurship und Familienunternehmen an der German Graduate School of Finance and Law in Heilbronn und leitet das dortige Institut für Unternehmertum.
Maria Hennicke ist Doktorandin an der Frankfurt School of Finance & Management.