Prof. Dr. Stefan Bauernschusters Forschungsarbeit „When Labor Disputes Bring Cities to a Standstill: The Impact of Public Transit Strikes on Traffic, Accidents, Air Pollution and Health”(mit Timo Hener und Helmut Rainer) wurde vom American Economic Journal: Economic Policy zur Veröffentlichung angenommen.
Die Frage, ob Streiks im öffentlichen Nahverkehr eingeschränkt oder gar verboten werden sollten, wird in unterschiedlichen Ländern ganz unterschiedlich beantwortet. Die Argumente drehen sich dabei stets um die Frage, ob der öffentliche Nahverkehr eine „essentielle Dienstleistung“ darstellt, deren Beeinträchtigung die Sicherheit und Gesundheit der Bevölkerung auf Spiel setzt. Trotz der hohen politischen Relevanz ist es bislang nicht gelungen, diese Frage empirisch sauber zu beantworten.
Professor Bauernschuster beobachtet mit seinen Ko-Autoren Nahverkehrsstreiks in Berlin, Frankfurt, Hamburg, Köln und München aus den vergangenen zehn Jahren. Diese Daten wurden verbunden mit stundengenauen Daten von Verkehrsmessstationen der Bundesanstalt für Straßenwesen, Daten zum Verkehrsfluss von TomTom, stundengenauen Daten von Luftverschmutzungsmessstationen des Umweltbundesamts, Registerdaten zu allen Krankenhauseinweisungen in Deutschland mit exakter Diagnose und polizeilichen Registerdaten zu allen Verkehrsunfällen in Deutschland mit Anzahl der verletzten und getöteten Personen.
Die Ergebnisse eines generalisierten Differenz-in-Differenzen-Modells zeigen, dass viele Benutzerinnen und Benutzer des öffentlichen Nahverkehrs an Streiktagen auf das Auto um. Dadurch nimmt der Kfz-Verkehr während der Stoßzeiten zu, der Verkehrsfluss verlangsamt sich und Staus entstehen. GPS-Daten zeigen, dass sich die morgendliche Fahrtzeit zur Arbeit für Pendler an einem durchschnittlichen Streiktag um elf Prozent erhöht. Dadurch sitzen diese Personen an einem Streik-Morgen pro Stadt über 26.000 Stunden länger im Auto fest als sonst. Durch den erhöhten Verkehr steigt die Anzahl der Verkehrsunfälle und der dabei verletzten Personen während der morgendlichen Stoßzeiten an Streiktagen um 20 Prozent. Schließlich weisen die Ergebnisse auch einen starken Anstieg der Umweltbelastung aus. Die Feinstaubbelastung nimmt morgens um 14 Prozent zu, was bereits kurzfristig zu Gesundheitsproblemen führt. Vor allem Kindern kommt es an Streiktagen zu einem Anstieg von Krankenhauseinweisungen aufgrund von Atemwegsproblemen.
Diese Studie liefert damit erste empirisch fundierte Ergebnisse zu den einschneidenden Folgen von Streiks im öffentlichen Nahverkehr für die Gesellschaft. Sie bietet sich damit als wertvolle Grundlage für politische und juristische Diskussionen über die Verhältnismäßigkeit dieser Streiks an.
Das American Economic Journal: Economic Policyist ein neues Journal der American Economic Association, dessen erste Ausgabe im Jahr 2009 erschien. Das referierte Journal gilt bereits heute als eines der renommiertesten Journale der Ökonomie. Im Bereich Public Economics nimmt es neben dem Journal of Public Economics die Rolle des Top Field Journals ein. Die Working Paper Version der Studie finden Sie hier.