Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Finanzcontrolling
Pressemeldung zur Corona-Krise
18.03.2020: Wie lange dauert die Coronavirus Epidemie in Deutschland? Welche Aspekte sieht man als Finanzcontroller und Ökonom?
Wie lange dauert die Coronavirus Epidemie in Deutschland? Welche Zeithorizonte und Auswirkungen sieht man aus der Sicht des Wirtschaftswissenschaftlers? Was sind die Konsequenzen für Gesellschaft, Kapitalmärkte und Wirtschaft?
Die aktuelle Coronavirus Epidemie durch COVID-19 hat 2020 ungeahnte Auswirkungen weltweit. Zunächst richtet sich das Augenmerk auf die Epidemie und ihren Ablauf. Wie lange wird sie in Deutschland dauern? Die Quelle statistica.com führt auf, dass bundesweit bis zum 13. März 2.369 Corona-Infektionen gemeldet wurden. Die Infektion breitet sich exponentiell aus. Exponentielles Wachstum ist auch das tägliche Brot des Finanzcontrollers (s. z.B. Wagner (2018): Finance: Ein Leitfaden mit Aufgaben und Lösungen, Norderstedt), so dass man eine einfache Prognose anstellen darf. Geht man mit einer gewissen Dunkelziffer von derzeit rund 3.000 Infizierten und einer täglichen Ansteckungsrate von 30% aus (diverse Schätzungen kursieren im Web), so kommt man bei 80 Mio. Einwohnern auf einen Höhepunkt der Epidemie nach etwa 40 Tagen. Schafft man es, durch die aktuellen Schließungen („Shut-Down“) die Ausbreitungsrate auf 20% oder 10% zu senken, so wird sich die Phase auf ca. zwei bis dreieinhalb Monate verlängern. Es kann also gut sein, dass sich die Epidemie im Sommer ihrem Höhepunkt nähert und dann im Juli stabilisiert. Es ist klar, dass diese Prognose rein wachstumsbasiert angelegt ist und keine spezifische virologische Fachinformation benutzt.
Dem Ökonomen dient obige Rechnung als Szenario der wirtschaftlichen Folgen. Die Börsen haben am 24. Februar begonnen, das globale Abschwungszenario in Form eines anhaltenden Corona-Crashs einzupreisen. Es stellt sich die Frage, wie sich der gesellschaftliche „Shut-Down“ auf die globale wirtschaftliche Entwicklung auswirkt. Die Abschätzung der Auswirkungen und deren Dauer lässt sich naturgemäß wesentlich schwerer abschätzen als die Epidemie selbst. Folgende Punkte sind bei der bevorstehenden weltweiten Rezession wichtig: (i) Es kommt sowohl auf der Nachfrage- als auch auf der Angebotsseite zu massiven Schocks, (ii) Probleme der Koordination und Logistik sowie ggf. der Infrastruktur werden ein Wieder anlaufen der wirtschaftlichen Aktivität zeitweilig verzögern und (iii) nach und nach wird die Konjunktur aber wieder kräftig anlaufen. Länder werden den Höhepunkt der Krise versetzt erleben, was die Flaute verlängert. Branchen werden unterschiedlich betroffen sein. Unternehmen die im „Home-Office“ Betrieb gut funktionieren, sind wie alle von der Krise betroffen, werden aber wieder schneller einsatzfähig sein. Mit etwas Glück wird diese Weltwirtschaftskrise zwar sehr stark, aber wenigstens auch recht kurz, ablaufen. Ein wichtiger gestaltender Einflussfaktor wird dabei die Vorgehensweise der globalen Wirtschaftspolitik sein.
Die Wirtschaftpolitik wird Maßnahmen ergreifen, um die Wirkungen der Krise einzudämmen. Die Geldpolitik steht seit Jahren im Zentrum der Aufmerksamkeit. Sie wird global abgestimmt Liquidität bereitstellen und neue unkonventionelle Maßnahmen der quantitativen Lockerung („Quantitative Easing“) eröffnen. Fiskalpolitische Maßnahmen, nach Möglichkeit ebenfalls global abgestimmt, werden in der Krise allerdings eine besondere Wichtigkeit erlangen. Hier sind insbesondere sofortige temporäre Steuersenkungen umzusetzen. Ferner werden permanente Steuersenkungen zu diskutieren sein. Die Corona-Epidemie wird das Augenmerk auf die bestehenden Defizite im öffentlichen Bereich lenken. Staatliche Investitionen in die öffentliche Infrastruktur und das Gesundheitswesen im Speziellen wirken langfristig und sollten helfen, künftigen Herausforderungen, wie Pandemien, aber auch anderen Bedrohungen besser gegenüber gewappnet zu sein. Die Rezession wird auf unterschiedliche Länder und Branchen (Industrie, Dienstleister, Finanzen) unterschiedlich wirken. Das wird diverse individuelle wirtschaftspolitische Folgemaßnahmen nach sich ziehen. Mit dem Augenmerk auf die Krise und ihre Folgewirkungen werden die Maßnahmen, früher oder später, in bedeutendem Umfang erfolgen. Diese werden unser heutiges monetäres Umfeld langfristig deutlich verändern und neue wirtschaftspolitische Herausforderungen im Bereich global hoher Staatsschulden schaffen.
Insgesamt kann man aus heutiger Sicht bei aller Bedrohung auch mit etwas Zuversicht in die Zukunft blicken. Nach der derzeitigen Shut-Down Phase kann sich die Weltwirtschaft neu ordnen und das möglicherweise zum Besseren, was neue Strukturen und das Ausscheiden mancher Marktteilnehmer beinhaltet. Die Epidemie ist ein Weckruf, um ausgetretene Wege zu überdenken und lange aufgeschobene Maßnahmen anzugehen. Die öffentliche Vorsorge und die Gesundheitssysteme könnten zukünftig in der Tat besser aufgestellt sein. Um es in den Worten von Max Frisch zu sagen: „Krise ist ein produktiver Zustand. Man muß ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.“
Beim Anzeigen des Videos wird Ihre IP-Adresse an einen externen Server (Vimeo.com) gesendet.
Video anzeigen
Diese Webseite verwendet Cookies, um Ihnen einen nutzerfreundlichen Service zu bieten sowie Nutzerverhalten in pseudonymer Form zu analysieren. Weitere Informationen sowie die Möglichkeit zum Widerruf finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.