Die Geschäftsmodelle im verarbeitenden Gewerbe werden zukünftig stärker vom Service getrieben als bisher. So unterstützt der Einsatz neuer Technologien wie Big Data nicht nur bestehende Dienstleistungsprozesse, sondern führt vielmehr zu neuen Service-Produkten und Wertschöpfungskonzepten. "Um im komplexer und wettbewerbsintensiver werdenden Marktumfeld zu bestehen, müssen Unternehmen ihre Produkte um industrielle Dienstleistungen ergänzen oder diese verbessern", verdeutlicht Dr. Stefan Mang, Geschäftsführer des Centrums für Marktforschung der Universität Passau. Beispiele für Industrial Services sind Beratung, Entwicklung spezifischer Lösungen, Garantien, Wartung und Wartungsverträge oder die Optimierung von Anlagen des Kunden. Besonders Produktionsunternehmen stehen vor der Herausforderung, dass Kunden nicht mehr nur rein das Produkt, sondern vielmehr die Nutzung der Funktion kaufen wollen.
Genau hier setzt das gemeinsame Projekt ISEM der Fachhochschule Oberösterreich und des Centrums für Marktforschung der Universität Passau an. Neben der Weiterentwicklung wissenschaftlicher Ansätze im Service-Bereich werden vor allem regionale produzierende Unternehmen dabei unterstützt, die Qualität der angebotenen Dienstleistungen stetig zu verbessern. Das Projekt schafft dadurch eine Plattform für einen intensiven Austausch zwischen Wirtschaft und Wissenschaft.
Um die produzierenden Unternehmen auf dem Weg zu einer "Service Excellence" zu begleiten, ist es entscheidend, die Leistungsfähigkeit fortlaufend zu erfassen und aufzuzeigen, über welche Faktoren Dienstleistungsqualität verbessert werden kann, um daraus passende Handlungsempfehlungen abzuleiten. Hierzu wurde ein Online-Monitor entwickelt, mit Hilfe dessen produzierende Unternehmen die eigene Dienstleistungsqualität anhand der ermittelten Erfolgskriterien fortlaufend bewerten und vergleichen können. Erste Ergebnisse präsentierte das Projektteam auf der Abschlussveranstaltung.
Bislang haben 250 produzierende Unternehmen aus Bayern und Österreich den Monitor genutzt - eine äußerst solide Datenbasis. Derzeit begleitet das Projektteam zehn produzierende Unternehmen aus Niederbayern und Oberösterreich intensiver. "Auf Basis der Monitor-Ergebnisse werden individuelle Auswertungen erstellt, Vergleiche mit Unternehmen aus der jeweiligen Branche gezogen und gemeinsam mögliche Handlungsansätze im Dienstleistungsbereich erarbeitet", erklärt Anna Biedersberger, Projektleiterin am Centrum für Marktforschung.
Im Rahmen der Abschlussveranstaltung in der Tabakfabrik Linz diskutierten Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft und Unternehmenspraxis über industrielle Dienstleistungen. "Für Unternehmen gilt es, die Sparsamkeit der Einkaufswelt mit der kosten- und beratungsintensiveren Dienstleistungswelt zu verbinden", betonte Dr. Lothar Enders, Geschäftsführer der enders GmbH aus Ergolding.
"Im Dienstleistungsbereich und vor auch allem auch bei Serviceleistungen ist zudem flexibles und schnelles Agieren über die Ländergrenzen hinweg unerlässlich", so Peter Sonnleiter, Bereichsleiter International der IHK Niederbayern. "Hier gilt es dringend, die Rahmenbedingungen deutlich zu verbessern. Komplexe Melde- und Nachweisverfahren könnten beispielsweise durch eine verstärkte, grenzübergreifende Zusammenarbeit der Sozialversicherungsträger abgemildert werden." Angesichts der vielfältigen digitalen Möglichkeiten solle es den Kontrollbehörden ermöglicht werden, den aktuellen Status einer entsandten Person in deren Heimatland in Echtzeit abzufragen, so Sonnleitner weiter. "Das mit erheblichem Aufwand verbundene Vorhalten von Versicherungsnachweisen, Lohnunterlagen etc. könnte damit weitgehend reduziert werden."
Bertram Vogel, Geschäftsführer des Niederbayern-Forum e.V. hob hervor, "dass es gerade im Dienstleistungsbereich mit der Notwendigkeit der lokalen Präsenz vor Ort enorm wichtig ist, qualifizierte Fachkräfte in Niederbayern zu halten".
Auch Anregungen für zukünftige Forschungsfragen waren Thema der Veranstaltung. Um diese potentiellen Ansätze bearbeiten zu können, wird das Projektteam den Monitor laufend befüllen und produzierende Unternehmen auf dem Weg zu einem verbesserten Service-Angebot begleiten. Eine Ausweitung des Monitors auf andere Länder ist laut Dr. Stefan Mang und FH-Prof. Dr. Margarethe Überwimmer von der Fachhochschule Oberösterreich durchaus möglich.
Das Projekt wird aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung der Europäischen Union im Rahmen des Programms Interreg Österreich-Bayern 2014-2020 gefördert.