Manfred Bischoff, der seinen beruflichen Lebensweg als Projektkoordinator des Geländewagenmodells G bei der Daimler-Benz AG begann und seit 2007 Aufsichtsratsvorsitzender der Daimler AG ist, erläuterte in seinem Vortrag die großen aktuellen Themen der Automobilindustrie: die digitale Vernetzung der Fahrzeuge und Produktionsketten, das autonome Fahren, Carsharing und weitere Dienstleistungen rund um die Mobilität sowie die Elektromobilität. Dass man sich beispielsweise zukünftig ein Elektro-Auto per Handy für die Hin- und Rückfahrt zur Oper bestellen und das Auto sein Eintreffen kurz vor Ankunft selbstständig mitteilen könne, sei eines dieser Zukunftsbilder. Das zeige, dass ein Geschäftsmodell der Autokonzerne nicht nur die Produktion, sondern auch der Besitz und Betrieb autonomer Fahrzeuge sein werde, so Bischoff. "Carsharing-Modelle werden zukünftig zunehmen, wodurch der Auslastungsgrad der einzelnen Fahrzeuge enorm gesteigert werden kann. Wer für all diese Herausforderungen die besten Lösungen anbieten kann, wird als Sieger unter den Automobilkonzernen hervorgehen."
Andreas König beschäftigte sich in seinem Vortrag mit der Anpassung der etablierten Industrien an technologische Diskontinuitäten. Die Schwierigkeit für große Unternehmen sieht er auf Basis seiner wissenschaftlichen Untersuchungen vor allem darin, dass solche radikalen Veränderungen traditionellen Denkmustern widersprechen und bisher wertvolle Kompetenzen obsolet werden lassen. Zudem müssen etablierte Unternehmen trotz guter Gewinne mit alten Technologien neue Technologien implementieren, die trotz immenser Kosten zunächst keine Gewinne abwerfen und bestehende Umsätze gegebenenfalls sogar kannibalisieren. Dabei seien auch die Standardinstrumente der finanziellen Bewertung nicht immer zielführend, und die Unternehmen müssten die Stakeholder mit einer zielgerichteten strategischen Kommunikation von ihrem Weg überzeugen. "Daher sind derzeit für die Unternehmensführung, neben einer substantiellen Stärkung der Digitalisierungskompetenz in den Vorständen, ganz spezifische, bisher in der Forschung wenig beleuchtete, kommunikative Strategien zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche Anpassung, auch und gerade in der Automobilindustrie", so König.
Zuvor hatte Präsidentin Prof. Dr. Carola Jungwirth die Gäste des Abends begrüßt. "Die Zukunft der Automobilindustrie spiegelt sich in der Zukunft der Gesellschaft und umgekehrt. Stärker als andere Industrien muss sie Erwartungen darüber bilden, für welche Gesellschaft sie in welchen Märkten welche Produkte anbieten wird", so Jungwirth. Welche Antworten aber habe die Automobilindustrie auf eine Werteverschiebung hin zu einem Kulturkapitalismus, in dem das Automobil als Statussymbol seine Attraktivität verloren habe?
Im Format "Wissenschaft trifft Praxis" beschäftigen sich jeweils eine Praktikerin oder ein Praktiker und eine Wissenschaftlerin oder ein Wissenschaftler aus ihrer Perspektive mit einem zukunftsweisenden Thema und treten anschließend in Diskussion miteinander. Die nächste Veranstaltung wird im Sommersemester 2018 stattfinden. Geplant ist ein Abend mit einem Referenten aus dem Bereich der Politik.