Andreas König hat zusammen mit seinen Co-Autoren Professor Nadine Kammerlander (WHU Vallendar) und Dr. Melanie Richards (University of Bristol) einen neuen Artikel mit dem Titel “Why Do Incumbents Respond Heterogeneously to Disruptive Innovations? The Interplay of Organizational Domain Identity and Role Identity” veröffentlicht. Der Beitrag erscheint in einer Sonderausgabe des Journal of Management Studies zum Thema "Managing in the Age of Disruption", welches von S. Ansari, R. Garud und A. Kumaraswamy herausgegeben wird.
In dem Papier beleuchten die Autoren die Zusammenhang zwischen organisationaler Identität und der Anpassung etablierter Unternehmen an disruptive Innovationen aus einer neuartigen, multi-dimensionalen Perspektive der organisationalen Identität. Basierend auf einer qualitativ-induktiven Studie über die Reaktionen deutscher Verlage auf die Digitalisierung destillieren sie eine bisher unbeachtete Dimension der organisatorischen Identität: die organisatorische Rollenidentität. Die Autoren zeigen, wie organisatorische Rollenidentität und organisatorische Domänenidentität - die Dimension, die bisher die Forschung zu Identität und Innovation dominiert hat - interaktiv bestimmen, wie Entscheidungsträger in Organisationen eine disruptive Innovation interpretieren und darauf reagieren. Im Gegensatz zu früheren Studien zeigt das Papier, dass etablierte Organisationen dysfunktionale, identitätsgetriebene Konflikte erleben, wenn eine der beiden Identitätsdimensionen durch die disruptive Innovation herausgefordert wird, während die andere verstärkt wird. Die Autoren induzieren auch, dass Domänen- und Rollenidentitäten gemeinsam bestimmen können, wie schnell ein etabliertes Unternehmen auf eine Disruption reagiert, ob es diese Disruption adoptiert und wie innovativ seine Reaktionen sind.
Das Papier hat auch für praktizierende Manager grundlegende Implikationen -- insbesondere im Kontext der digitalen Transformation. Die Studie stärkt vor allem die Forderung nach einer stärkeren Sensibilisierung der Führungskräfte für die Besonderheiten von disruptiven oder diskontinuierlichen Veränderungen und die Notwendigkeit, Prozesse und Strukturen an unterschiedliche Unsicherheiten anzupassen. Im Prozess der Anpassung an disruptive Innovationen, wie zum Beispiel im Kontext der Digitalisierung, sollten Führungskräfte versuchen, auf sich entwickelnde Identitätswahrnehmungen besondere Aufmerksamkeit zu richten. Darüber hinaus sollten sie sich der beiden Identitätsdimensionen der Domänenidentität und der Rollenidentität bewusst sein und die Wahrnehmung dessen fördern, was die Autoren der Studie eine "gestalterische" Identität oder „Shaper Identity“ nennen, die besonders in Zeiten von disruptiven Innovationen nützlich erscheint. Im weiteren Sinne sollten Manager organisatorische, identitätsbezogene Konflikte als potenzielle Auslöser für besonders innovative Reaktionen sehen. Der Konflikt selbst muss nicht unbedingt vermieden werden. Stattdessen müssen dysfunktionale Identitätskonflikte in funktionale umgewandelt werden.